Sternekoch Frédéric Morel mit Frau und Sohn
Tanja Farwick
Echter Zwei-Sterne-Genuss

Menschen in unserer Region

Einen mit zwei Sternen ausgezeichneten Koch habe ich mir immer dauergestresst und etwas abgehoben vorgestellt. Umso neugieriger war ich auf Frédéric Morel, den Sternekoch aus Münster: Freunde haben nicht nur von seinem Zwei-Sterne-Restaurant „Coeur D’Artichaut“, sondern vor allem auch von dem entspannten, netten und bodenständigen Chefkoch geschwärmt.

Der gebürtige Franzose (genauer: Bretone) hat das Kochen von der Pike auf gelernt und während seiner Zeit in Hamburg seine Frau Elisabeth kennengelernt. Den Traum vom Restaurant erfüllten sich die beiden gemeinsam – genau wie den von einer Familie. Und dies ist auch das Geheimrezept für den Erfolg und die sympathische Bodenständigkeit von Frédéric Morel. Wir wollten es genauer wissen: Lest selbst, was er dazu sagt.

© Tanja Farwick

So sieht also ein Zwei-Sterne-Koch aus: Frédéric Morel

Herr Morel, Sie sind Bretone mit kreolischen Wurzeln – was hat Sie nach Münster verschlagen?

Meine Frau kommt aus Münster und als wir noch in Hamburg gelebt haben, sind wir natürlich oft zur Familie runtergefahren, da habe ich mich einfach in die Stadt verliebt. Für uns war immer klar, wenn wir unser Restaurant eröffnen, dann würde das nicht in Hamburg geschehen. Münster ist einfach perfekt, von der Größe her, vom Ambiente, der Lebensqualität. Man kann alles mit dem Fahrrad machen, die Stadt ist perfekt, um eine Familie zu gründen und kulinarisch gab es hier auch noch einiges zu tun!

Fühlen Sie sich in Münster ganz zu Hause oder verspüren Sie auch mal Heimweh?

Ich fühle mich hier auf jeden Fall zu Hause. Wir haben uns hier etwas aufgebaut, für das ich jeden Tag zu gerne aufstehe, auf das wir unglaublich stolz sind und das wir unser zu Hause nennen. Mit einer Familie, Freunden, Arbeit, die wir lieben – mehr brauche ich für ein zu Hause nicht.

Aber natürlich ist es für meinen inneren Seelenfrieden auch unglaublich wichtig, wenigstens einmal im Jahr in meine Heimat die Bretagne zu reisen! Meinen Kindern möchte ich auch möglichst viel von dieser Seite zeigen, wir verbringen unseren Jahresurlaub immer dort und das ist ebenso ein wichtiger Teil von mir. Ich bin ein Bretone, der sein zu Hause in Münster hat.

In Ihrem Restaurant tischen Sie bretonische, kreolische und Münsterländische Kreationen auf. Welche Inspirationen finden Sie in der heimischen Küche in Münster?

Die Bretonische und die Münsterländer Küche sind sich eigentlich gar nicht so unähnlich – die Bretonen kochen genauso gerne deftig, wie die Münsterländer. Ich liebe es diese deftigen Gerichte, wie z. B. Grünkohl, in ein neues Licht zu rücken oder die Gäste bekannte Geschmackskombinationen, wie Kartoffeln und Speck, neu entdecken zu lassen.

Durch meine Schwiegermutter kenne ich den ein oder anderen westfälischen Klassiker, egal ob herzhaft oder süß, und es inspiriert mich einfach immer wieder aufs Neue! Außerdem gibt es hier jede Menge fantastische regionale Produkte und Erzeuger von Käse, alte Obst- und Gemüsesorten, Kräuter, Wild, Süßwasserfische, alte Nutztierrassen, fantastisches Bier… das Münsterland muss sich nicht verstecken.

Sie haben Ihr Restaurant „Coeur D’Artichaut“ im Herbst 2019 eröffnet und sich nur vier Monate später einen Michelin-Stern erkocht. Wie haben Sie das gemacht und was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?

Das ist eigentlich ziemlich einfach zu beantworten: die drei Säulen meines Erfolges sind meine Frau, mein Team und meine harte Arbeit gepaart mit der Leidenschaft fürs Kochen!

Ich habe einfach ein unglaubliches Team an meiner Seite, wir glauben an unsere Sache und jeder gibt jeden Tag alles. Sie sind für meine Frau, meine Jungs und mich ein erweiterter Familienkreis und funktionieren im Service wie Zahnräder, die ineinandergreifen. Wir teilen alle viel miteinander und wir sind jeden Abend beim Abendessen erneut einfach stolz, wenn wir in die Runde gucken. Neue Teammitglieder werden sehr sorgfältig ausgesucht und meist entscheiden alle mit, wenn wir die Wahl haben, wer es werden soll.

Und dann ist natürlich die harte Arbeit meiner Frau und mir der zweite wesentliche Teil! Wir arbeiten aufopferungsvoll jeden Tag für unseren Erfolg. Meine Frau hat zwei Schwangerschaften bis wirklich kurz vor Geburt noch hier gestanden und den Service gemacht oder gespült. Ich verbringe meist mindestens 16 Stunden des Tages hier und am Wochenende sitzen wir auch zu Hause noch am Laptop, wenn es sein muss und das fast in jedem Zustand. Von nichts kommt nichts – das ist es eigentlich.

Wie wichtig sind Ihnen Regionalität und Nachhaltigkeit, aber auch der Einfluss Ihrer Wurzeln?

Alle drei Dinge sind mir sehr wichtig! Regionalität ist natürlich eine Auffassungssache und ich schaue auf die Weltkugel und betrachte Nord-West-Europa als meine Region. Gemüse, Obst und alles, was sinnig ist, kommt natürlich aus Westfalen oder dem Münsterland, Wild selbstverständlich auch. Aber hier gibt es nun mal kein Meer und die besten Meeresprodukte kommen nun mal aus dem Atlantik.

Ich beziehe meine Waren aber von den hier örtlichen Lieferanten, die auch alle einen Stand auf dem Wochenmarkt haben. Ein direkter Ansprechpartner ist mir einfach sehr wichtig! Nachhaltigkeit ist aufgrund unseres Konzeptes automatisch ein Thema. Die Produkte sind so wertvoll, wir produzieren nur so viel, wie wir auch brauchen, versuchen nichts wegzuschmeißen und verwerten so gut wie alles weiter. Wir sammeln im Frühling und Sommer viel in der Natur, legen ein und bieten dann Holunder im Winter an.

Wir versuchen so achtsam wie möglich mit allem umzugehen, die Zeiten der großen Sterneküchen, in denen es immer nur das Beste Stück vom Ganzen gibt, sind vorbei. Niemand will mehr, dass für ein Stück Fleisch von 200 Gramm 300 Gramm Material weggeschmissen wird. Und wer sagt überhaupt, dass das Filet immer das beste Stück ist? Auf die Zubereitungsart kommt es an!

© Tanja Farwick

Auf ihr Team können sich die Morels voll verlassen

Sind Ihre Söhne auch schon kleine Sterneköche?

Ja, das werden wir oft gefragt und natürlich zeigen Sie Interesse an allem, was hier so passiert. Die Jungs verbringen den Rest des Tages nach Kitaschluss am Mittag bis nach dem gemeinsamen Abendessen mit dem Team hier mitten in all dem Trubel. Der Größere ist jetzt so weit, dass er auch schon mit einem Messer schneiden kann.

Uns ist es aber wichtig, dass beide nachher ihren Traumberuf erlernen können – egal ob einer Quantenphysik studieren will oder Schreiner oder Krankenpfleger werden möchte. Sie sollen mit genauso viel Herzblut und Leidenschaft dabei sein, wie ihre Eltern. Wenn einer der beiden Gastronom werden will, dann wissen sie sicherlich um alles, was dieser Beruf mit sich bringt, und dann freuen wir uns natürlich auch und unterstützen das gerne.

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